Vergleich von Pre-Flop-Wahrscheinlichkeiten

by | Jul 31, 2018

Das Pre-Flop-Spiel ist die größte Schwäche in der Strategie vieler ambitionierter Pokerspieler. Dazu tragen nicht zuletzt die zahlreichen Fernsehübertragungen bei, in denen vorgeführt wird, wie Profis mit sehr schlechten Starthänden erstaunlich erfolgreich spielen.

Wenn du ein Weltklasse-Pokerspieler bist, ist es letztlich sogar völlig egal, welche beiden Karten du bekommst. Für die meisten Pokerspieler ist das aber eine sehr schlechte Strategie, denn je schlechter die beiden Hole Cards sind, desto schlechter sind auch die mathematischen Chancen, das Spiel zu gewinnen. Schau dir einfach einmal an, wie die (ungefähren) Pre-Flop-Gewinnchancen in einigen typischen Pre-Flop-Konstellationen sind:

Spieler 1 Spieler 2 GewinnchanceSpieler 1 GewinnchanceSpieler 2
Hohes Paar Niedrigeres Paar 80 % 20 %
Paar Zwei Overcards 55 % 45 %
Paar Gleichfarbige Overcards 50 % 50 %
Paar Zwei unterschiedliche niedrigere Karten 85 % 15 %
Paar Eine Overcard 70 % 30 %
Ass mit Beikarte Ass mit niedrigerer Beikarte 75 % 25 %
Zwei ungleiche Karten Beide Karten niedriger als niedrigste Karte von Spieler 1 65 % 35 %
Hohe und niedrige Karte Zwei ungleiche Karten, die zwischen den Kartenwerten von Spieler 1 liegen 60 % 40 %

Aus dieser Auflistung geht zum Beispiel hervor, dass es schwierig ist, mit zwei niedrigen Karten zu gewinnen. Mit einem niedrigen Paar ist ein Sieg gegen ein höheres Paar die Ausnahme. Die Wahrscheinlichkeit ist bei einem niedrigen Paar zudem sehr groß, dass auf dem Flop 2-3 Overcards erscheinen. Während es im Heads-Up durchaus möglich ist, bei dieser Konstellation weiter zu spielen, ist es bei einer größeren Runde praktisch unmöglich, mit dem Paar durchzukommen. Oftmals ist es die beste (und sicherste!) Lösung, mit schlechten Pre-Flop-Karten das Spiel schon vor dem Flop oder aber spätestens auf dem Flop zu beenden.

Was resultiert daraus?

Wenn du vor dem Flop gewinnen möchtest, musst du entsprechend aktiv spielen. Aber auch auf dem Flop hast du die Chance, mit einem relativ schlechten Blatt zu gewinnen, wenn die anderen Spieler sich mit dem Flop nicht verbessern konnten. Mit einem forschen Gebot kannst du unter Umständen dein Paar bzw. deine schlechten Pre-Flop-Karten erfolgreich einsetzen.

Dabei spielt die Position allerdings eine wichtige Rolle. Wenn du der Letzte bist, der in der Runde gefragt wird, kannst du am besten einschätzen, ob es sich lohnt, einen Einsatz zu machen. Wenn hingegen schon diverse Einsätze gemacht worden sind, solltest du ein unvorteilhaftes Pre-Flop-Blatt spätestens auf dem Flop loswerden.

Je schlechter deine Hole Cards sind, desto wichtiger ist deine Strategie!

Erste Strategie: Billig spielen (Pot Odds beachten!)

Es gibt grundsätzlich zwei Strategien, mit schlechten Hole Cards zu spielen. Die erste Strategie besteht darin, günstig den Flop zu sehen, um dann zu entscheiden, ob es sich lohnt, mit den Karten weiter zu spielen. Diese Strategie bietet sich zum Beispiel an sehr passiven Tischen an, bei denen nur selten ein Pre-Flop-Raise zu sehen ist. Wenn viele Spieler ohne Erhöhung einsteigen, sind zudem deine Pot Odds sehr gut.

Wenn überraschend nach dir eine Raise und vielleicht auch noch ein Re-Raise kommt, hängt die weitere Teilnahme vor allem davon ab, ob die anderen Spieler passen. Selbst wenn du nur relativ kleine Gewinnchancen hast und davon ausgehen musst, dass der eine oder andere Spieler ein deutlich besseres Startblatt hat als du, kann es sich immer noch lohnen, einen hohen Einsatz zu bezahlen, wenn die (Implied) Pot Odds sehr günstig sind.

Im Grundsatz ist es allerdings sinnvoll, mit schlechten Karten zu passen. Insbesondere Anfänger sollten nicht versuchen, mit allen möglichen Karten im Spiel zu bleiben. Gerade an Anfänger-Tischen ist es eine sehr gute Strategie, nur gewinnträchtige Hole Cards zu spielen, da die meisten Anfänger genau das Gegenteil machen. Ein Blick auf die Pre-Flop-Wahrscheinlichkeiten zeigt, dass es nicht unbedingt sinnvoll ist, um jeden Preis zwei niedrige Karten oder ein Ass mit einer niedrigen Beikarte (klassischer Anfängerfehler!) zu spielen.

Zweite Strategie: Schlechte Karten aggressiv spielen

Ein guter Pokerspieler weiß, dass die beste Chance auf einen Spielgewinn mit schlechten Hole Cards meist vor dem Flop besteht. Deswegen ist es eine gute Strategie, gleich ein hohes Gebot zu machen, um möglichst viele Spieler zum Passen zu bewegen. Selbst wenn nicht alle Spieler passen, steigen mit dem Schrumpfen der Runde deine Gewinnchancen. Mit einem kleinen Paar Karten ist es z.B. sehr schwierig, gegen 4 oder 5 Spieler zu bestehen, aber Heads-up gibt es eine realistische Chance, dass der Gegner auf dem Flop nichts findet und deswegen bei einem erneuten Raise passt. Die Kunst besteht darin, den Gegnern zu vermitteln, dass die Hole Cards sehr gut sein müssen.

Diese Strategie klingt sehr einleuchtend und funktioniert in der Praxis tatsächlich sehr gut. Allerdings ist es wichtig, bei dieser Strategie auszusteigen, wenn offensichtlich ist, dass ein Gegner eine sehr starke Hand hat, entweder schon vor dem Flop oder nach dem Flop. Wenn der Gegner sehr aggressiv reagiert oder auf dem Flop einfach nur callt, ist es meist die beste Strategie, kein weiteres Gebot mehr zu machen bzw. gegebenenfalls zu passen.

Wichtiger Tipp: Die zweite Strategie funktioniert nur dann, wenn du sie selten einsetzt. Ansonsten durchschauen dich deine Gegner sehr schnell.

Suited Connectors, Connectors und Suited Cards nicht überschätzen

Viele Anfänger glauben, dass der Wert einer Starthand deutlich ansteigt, wenn es sich um gleichfarbige Karten (Suited Cards) oder eng benachbarte Kartenwerte (Connectors) handelt. Wenn beide Aspekte vorhanden sind, wenn es sich also um Suited Connectors handelt, glauben viele, dass die Gewinnchance deutlich höher ist. Das ist aber aus mathematischer Sicht falsch.

In der Regel kann man davon ausgehen, dass beide Aspekte die statistische Gewinnchance jeweils um 2-3 Prozent erhöhen. Trotzdem ist es möglich, insbesondere mit Suited Connectors sehr große Gewinne einzufahren, zum Beispiel gegen Asse oder Könige. Das liegt aber nicht an der nur vermeintlich hohen Gewinnchance, sondern daran, dass derartige Konstellationen für den Gegner oftmals schwer zu erkennen sind und deswegen nicht selten sehr teuer bezahlt werden.

Als Anfänger nur die besten Hole Cards spielen

Eine gute Strategie für Anfänger besteht darin, nur die Karten zu spielen, die eine sehr gute Pre-Flop-Wahrscheinlichkeit haben. Das bedeutet in der Praxis, dass es für Anfänger nicht sinnvoll ist, mehr als 15-25 % aller Starthände zu spielen. Die wichtigste Qualität eines guten Pokerspielers ist es, schlechten Situationen konsequent aus dem Wege zu gehen. Die meisten Fehler werden dabei vor dem Flop gemacht. Wenn du ständig mit schlechten Starthänden versuchst den Flop zu sehen, bist du meist ein dankbares Opfer für deine Gegner.